Chancen für die Pädagogik

Aus der Serie:  Soziale Reflexionen unserer Gehirne

Lehrer stehen an der vordersten Front im Kampf um die Zukunft der Gesellschaft. Sie sind gehalten, aus unterschiedlich veranlagten und vorgebildeten Kindern »brauchbare« Mitglieder unseres Gemeinwesens zu formen und dabei auch noch ihre individuellen Veranlagungen zu fördern.

Eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Sie ähnelt irgendwie den Versuchen, die »Quadratur des Kreises« mit Lineal und Zirkel zu ermitteln.

Dementsprechend stehen Lehrer einzeln und kollektiv in vielfacher Kritik. Abgesehen vom Stress mit den Schülern selbst, tragen sie nach allgemeiner Ansicht die Hauptverantwortung für fehlende Chancengleichheit sowie für nur langsam sich bessernde PISA-Ergebnisse. Und das, ohne darüber aufgeklärt zu sein, wie unsere Gehirne wirklich lernen, erinnern, denken und entscheiden – eigentlich ein Treppenwitz.

Ebenso wie Psychologen warten natürlich auch pädagogische Wissenschaften auf klärende Ergebnisse aus der Neuroforschung, um die bisher nur empirisch entwickelten Richtlinien anzupassen. Denn diese bestehen meist nur aus Paradigmen sowie miteinander konkurrierenden ideologischen Strömungen. Insgesamt präsentiert sich damit die Pädagogik als zerrissene Forschungslandschaft ohne stabilen Leitfaden zur dringend notwendigen Lösung der sozialen Herausforderungen.

Bisherige Versuche, Erkenntnisse aus der Neuroforschung in den Unterricht praktisch einzubinden sind entweder gescheitert oder bringen, wie hier zu lesen, wirklich nichts Neues.

Doch das wird sich mit dem Oszillatorprinzip entscheidend bessern. Offenbart es doch einen plausiblen, gehirnwissenschaftlich gefestigten Leitfaden für Erfolgsfähigkeit. Und genau diese Erfolgsfähigkeit brauchen Schüler möglichst frühzeitig als Motivation sowie als Rüstzeug, um ihre Lebenschancen eigenverantwortlich wahrnehmen zu können. Eine Aufgabe, die möglichst schon ab dem ersten Schultag umgesetzt werden muss.

Allein jene bei Wikipedia gelisteten Lernziele für Grundschulen offenbaren bereits die bisher dominierende Zweckbindung an Erfordernisse der weiterführenden Schularten. So gesehen mutiert die Grundschule zu einer Rennstrecke für Kinder mit unterschiedlichen Startplätzen und Hindernissen, aber nur einem Ziel: Wer zuerst ankommt, erhält die besten Plätze. − Damit degeneriert Chancengleichheit zur Farce. Außerdem werden vornehmlich Kompetenzen vermittelt. Motivationen, Erkenntnisse oder Einsichten scheinen auf der Strecke zu bleiben. Dabei sind es gerade diese Eigenschaften, die Kinder in die Lage versetzen, selbstständig leistungsorientiert und mit Freude an ihrer Zukunft zu arbeiten.

Doch wie installiert man solche Perpetuum Mobile in Gehirnen von Kindern oder Heranwachsenden? Bisherige Reformen hatten nur marginalen Erfolg. Kein Wunder, denn sie waren nicht durch Einsichten über Gehirnfunktionen inspiriert, sondern meist ideologisch motiviert.

Dabei ist es so einfach, denn alle besonders erfolgreichen Menschen haben in Schule oder Beruf dieses Perpetuum Mobile bereits im eigenen Gehirn gespürt. Es ist die Sucht nach Anerkennung, die mit Erkenntnissen »gefüttert« werden kann. Deshalb muss sich die Schule wandeln. Und zwar vom Lernort zum Erkenntnisort. Organisatorisch lassen sich hierzu zwei Fälle kristallisieren: Erstens, den Schulinhalt modifizieren und zweitens, das einzelne Gehirn anregen.

Fall 1: »Schulinhalte modifizieren« ist für Schüler entspannend, für den Schulkörper jedoch ein langer steiniger aber notwendiger Weg. Hier nur einige der erforderlichen Anpassungen.

1.   Von den gelernten Fakten sind nach einem Jahr nur maximal 10 Prozent im Gehirn abrufbar. Im späteren Leben werden Sie nur zu maximal 2 Prozent benötigt. Erkenntnisse dagegen bleiben lebenslang erhalten. (siehe 6. Konstruktive Antworten). Deshalb sollten reine Fakten, wenn irgend möglich, zugunsten von aufgeklärt installierten Erkenntnissen entfallen. Erkenntnisse produzieren zu Problemlösungen weit mehr und einsichtigere Fakten als büffeln jemals vermag.

2. »Aufgeklärt installierte Erkenntnisse« heißt: Auch Schüler über den Sinn von Erkenntnissen aufklären und je nach Jahrgang Hintergründe erläutern. Hintergründe zu Gehirnfunktionen, sozialen Phänomenen usw.

3.   Auf diese Weise entsteht eine andere Bildung, die auch für weiterführende Schulen akzeptabel ist. Denn sie initiiert mit fortgesetztem Aufbau von Erkenntnissen bis hin zum Studium orientierungsstarke Menschen. Menschen mit Erkenntnisfähigkeit, die ihre Entscheidungen bewusster treffen und weit weniger anfällig sind für Halbwahrheiten und Gehirn-Sabotage über soziale Phänomene. – Eben das, was sich Universitäten wünschen.

4.   Ferner müssen Lehrer, Eltern und Schüler über die Reflexionen unserer Gehirne zur Gesellschaft hin anhand der sozialen Phänomene je nach Aufnahmefähigkeit aufgeklärt werden (siehe 4. Soziale Phänomene).

5.    Beispiel Anerkennung: Wir wissen alle, dass Schüler bei jenen Lehrern, die sie zutiefst anerkennen oder gar verehren wesentlich mehr aufnehmen und bessere Noten erhalten. Dies zu fördern sollte eigentlich heute schon Pflicht sein. Doch die Praxis sieht oft anders aus. Dabei erleichtert gegenseitige Anerkennung das Schulleben in allen Fassetten. Auch Eltern können dazu beitragen, indem sie niemals einen unangenehmen Lehrer vor Kindern diffamieren, sondern besser einen Anerkennungspakt mit Lehrern schließen, so wie es alle Medienstars untereinander erfolgreich praktizieren. – Medienstars loben Kollegen durchweg in den höchsten Tönen. Motto: Nicht alle gegen alle, sondern alle für alle. − Sehr wirksam.

6.  Die Behandlung unterschiedlich attraktiver Schüler sowie der daraus entstehenden Charaktere würde diesen Rahmen sprengen. Insgesamt führen alle genannten und ungenannten Maßnahmen zu Schülern, die hochwahrscheinlich eine Sucht entwickeln. Eine Sucht nach Erkenntnissen, mit denen sie diese Welt verstehen und dazu noch Anerkennung ernten – ein fast perfektes Perpetuum Mobile so wie es alle besonders erfolgreiche Menschen selbst erlebt haben und laufend erleben.

Fall 2: Das einzelne Gehirn anpassen ist heute im Problemfall alternativlos, denn es gibt noch keine Schule, die erkenntnisreich Chancengleichheit moderiert.

1.     Beinahe alle dazu notwendigen Moderationen entsprechen jenen in Fall 1, jedoch nur für einen Schüler.

2.  Ausnahme bildet die Rücksicht auf heute noch für Prüfungen notwendiges Faktenwissen. Doch auch dies ergibt sich meist von selbst, wenn Erkenntnisse hinter den Fakten stehen. Siehe Fall 1, Punkt 1.

3.   Reiner Nachhilfe- oder Förderunterricht hilft meist nur wenig nachhaltig, wenn er nicht durch Aufklärung zum Oszillatorprinzip hinterlegt wird.

Wenn die pädagogischen Wissenschaften jene vorbeschriebenen Denkweisen modifiziert integrieren, werden sie führend zu Erfolgsgerechtigkeit und Chancengleichheit beitragen. Unsere Kinder haben ein Recht darauf, lassen wir sie nicht im Stich (siehe auch 14. Chancen für die Soziologie). 

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