Sozialer Erfolgsraub − die verleugnete Erfolgsgeißel

Aus der Serie: Rätsel Gehirn gelöst

Warum Wissenschaftler nicht erklären können, wie unsere Gehirne lernen, erinnern, denken und entscheiden. Und wie sie wirklich funktionieren.

Quelle: Lokalkompass.de
Quelle: Lokalkompass.de

Fehlentscheidungen, ausbleibende Chancengleichheit und zahlreiche weitere Defizite unseres Denkens stehlen uns den Erfolg. Rezepte dagegen schütten Medien täglich über uns aus. Niemand nimmt sie mehr ernst, denn sie riechen allesamt nach »alchemistischer Hexenküche«. Nach verzweifeltem Aktionismus ohne Erkenntnisfundament. 

Doch so wie sich Fossilien erst mit der Evolutionslehre richtig deuten ließen, so offenbaren Denkdefizite ihre Geheimnisse erst mit dem Oszillatorprinzip. Und zwar auf einer von Wissenschaftlern bisher beinahe ignorierten Basis.

Diese Basis besteht aus sozialen Phänomenen wie Glück, Wahrheit, Charakter, Anerkennung oder Attraktivität. Gefühlt sind es kuschelige Begriffe, denn Medien füttern uns fast ausschließlich mit ihren »Schokoladenseiten«, Kehrseiten bleiben »unter dem Tisch« oder werden verharmlost. Diese Phänomene erzeugen nämlich in unseren Gehirnen nicht nur Emotionen, sondern auch Wünsche. Wünsche, die oft suspekte Entscheidungen provozieren und damit auch jede Intelligenzentwicklung beeinflussen. Einer der Gründe, weshalb wir früher oder später nahezu ausnahmslos in den Erfolgsruinen landen.

Früher, das heißt bereits mit dem Schulbeginn. Später sprechen wir von stockendem Berufserfolg oder gar von Karriereknick. Wer jedoch den Erfolgsruinen lebenslänglich entkommt, ist immer noch kein Übermensch, sondern lediglich von Zufällen verwöhnt. Zufällige Ereignisse und Gegebenheiten, die Charakter, Lebensmotive sowie zugehörige Gewohnheiten geprägt haben. Jeder einzelne kann sie für sich erst erfolgsgerecht beeinflussen, nachdem er tiefere Einsichten in die Dynamik sozialer Phänomene gewonnen hat.

Wir alle wünschen uns beispielsweise ausgiebig nachhaltige Glücksmomente. Doch sind sie nie stark und nie beständig genug. Deshalb zerren wir an jedem glücksverheißenden Zipfel. Daraus allein erwuchs ein gigantischer Markt aus hohlen Versprechungen, dessen Botschaften uns täglich über Medien sowie aus Freundesmund überschwemmen. Bereits »Charles-Louis de Montesquieu« erkannte solche Botschaften als »soziale Spielchen« mit den Worten:

Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind.

Glückgetue, gepaart mit ausgeprägter Schauspielkunst gesellschaftlich anerkannter Mitmenschen treibt unsere emotionsgesteuerten Oszillatoren. Schließlich wollen wir gleichziehen oder gar auf der Glücksstraße überholen. Es ist ein sich selbst befeuernder sozialer Prozess, sich stets bis zur Sättigung aufschaukelnd. Er verursacht einen gigantischer Aufwand, der in Deutschland bereits geschätzt jährlich die Euro-Billionengrenze erreicht. – Eine Konjunkturblase ohnegleichen. Kein Wunder, wenn dieser Blickwinkel auf das Glück oft sogar aggressiv verleugnet wird.

Dabei sind unsere Gehirne gar nicht in der Lage, überbordendes Glück zu verarbeiten. Wir haben es alle schon erlebt. Jeder Glücksorgie folgt ein Glückskater. Emotionszentren im Gehirn können nur begrenze Mengen dieser körpereigenen Drogenstoffe ausschütten.

Deshalb empfinden wir Glück auch relativ, gewöhnen uns an länger anhaltende Glückszustände schnell, stumpfen ab und trachten nach neuen verheißungsvollen Glückzielen. – Eine Erklärung dafür, warum auch Völker im Wohlstandsschatten in statistischen Erhebungen ebenso glücklich oder unglücklich abschneiden wie wir.

Doch all dies wäre kaum der Rede wert, wenn uns jene nie erfüllbare, medial befeuerte Glückssehnsucht nicht zu dubiosen Entscheidungen treiben würde, mit denen wir unseren eigenen Erfolg ruinieren. Uns mit sinnarm vergeudeten Ressourcen selbst die Unabhängigkeit rauben, bis hin zu ausweglosen Situationen.

Weit wirkungsvoller als alle Appelle an störrische Vernunft, hilft hier die folgende Erfahrungsregel unbekannter Herkunft. Gerhard Cromme, Aufsichtsratsvorsitzender verschiedener deutscher Großkonzerne, benutzt sie gern als Trost oder Lebensmotto.

Es kommt nie so schön wie erhofft, aber auch selten so schlimm wie befürchtet.

Eine Erfahrungsregel, die exakt der Dynamik von Gedanken-Oszillatoren entspricht. Jeder sollte sie sich vor Entscheidungen »zu Herzen nehmen«. Voraussetzung ist allerdings: Zweifelsfähigkeit gegenüber den eigenen Wünschen und Erkenntnissen.

Zweifeln, das ist jedoch eine emotionale Tugend, die heute weit abseits steht. Denn zaudern, zweifeln oder nachdenken gilt gesellschaftlich als Schwäche. Deshalb unterdrücken unsere Gedanken-Oszillatoren solche Regungen, damit wir uns freudig den »Machern« zuwenden können. Jenen medial bevorzugten pragmatischen Menschen, die scheinbar immer sofort wissen, was zu tun ist. – Wir vergessen dabei jedoch, dass Entscheidungen ohne vorangegangene Zweifel fast immer falsch sind, wenn sie erfahrungsfreies Terrain betreffen. – Zweifelarmut entriegelt dem Erfolgsraub fast alle Türen.

So öffnet allein »Glück« schon etliche Blicke auf sozialen Erfolgsraub. Doch erst die Kombination aller Kehrseiten dieser Phänomene zeigt, wie hilflos wir ihnen ausgeliefert sind. Lässt erkennen, dass persönlicher Erfolg zu einem Spielball sozialen Schwarmverhaltens verkommen ist.

Wer jedoch die Dynamik des Erfolgsraubes erkennt, kann sein Gehirn neu ausrichten, um mit realer Zuversicht erneut Erfolgsufer anzusteuern. − Alles darüber, wie sich sozialer Erfolgsraub überwinden lässt, finden Sie im oben erwähnten Buch »Erfolgs-Sabotage im Gehirn«. Untermauert von allgemeinverständlichen neurophysikalischen Nachweisen zu emotionsgesteuerten Gedanken-Oszillatoren.

Konstruktive Kritik ist jederzeit willkommen. Gern auch per E-Mail. Ich freue mich über jede Diskussion. Nutzen Sie die Share Buttons oder kommentieren Sie meine Sozial-Media-Einträge.